Luondu Luonddus – As Part of Nature, We Are Nature
Eine Kunstausstellung über die Beziehung zwischen Mensch und Natur
English below
Werke von Sigurður Guðjónsson | Julie Edel Hardenberg | Marja Helander | Outi Pieski | Máret Ánne Sara | Anders Sunna
Kuratiert von Irene Snarby und Christina Landbrecht
Die diesjährige nordische Gruppenausstellung im Felleshus zeigt Kunstwerke von sechs renommierten Künstlerinnen und Künstlern aus Island, Kalaallit Nunaat (so der Name Grönlands in der Sprache seiner indigenen Bevölkerung) und aus dem schwedischen, norwegischen und finnischen Teil Sápmis – einer transnationalen Region, die sich von Norwegen bis zur Kola-Halbinsel in Russland erstreckt. Die Videoarbeiten, Skulpturen, Gemälde, Fotografien und Installationen präsentieren unterschiedliche künstlerische Reflektionen aus den Regionen sowie indigene Perspektiven auf das Thema Natur. Die ausgewählten Arbeiten thematisieren eine Beziehung zwischen Mensch und Natur, die von mythisch-surreal bis konfliktreich und existenzbedrohend reicht.
»Luondu« ist ein samisches Wort mit einer komplexen Bedeutung. Es bezeichnet sowohl Natur als auch Persönlichkeit. »Luonddus« wiederum bedeutet »in der Natur sein«. Die poetische Alliteration »Luondu Luonddus« verwebt beide Bedeutungen miteinander und lässt sich übersetzen mit »Als Teil der Natur sind wir Natur«. Für die Sámi gibt es kein »wir« (Menschen), das im Gegensatz zu »es« (Natur) steht. Sowohl für die Sámi als auch für die Inuit aus Kalaallit Nunaat (Grönland) und für die Isländer koexistieren Mensch und Natur nicht nur, sie sind untrennbar miteinander verbunden.
Die Auswahl der Kunstwerke – darunter auch mehrere Künstlerinnen und Künstler, die derzeit die Nordischen Länder auf der Biennale in Venedig vertreten – regt zu der Frage an, wie wir angesichts der unübersehbaren globalen Umweltbedrohungen ein neues Verständnis für unsere Umgebung entwickeln können.
Der isländische Künstler Sigurður Guðjónsson lädt uns ein, ein Karbonfragment aus nächster Nähe zu betrachten und das Stück Natur auf mikroskopischer Ebene in ungewohnter Weise wahrzunehmen: Seine Videoarbeit suggeriert, dass Natur auf der Mikroebene durch Klang und Bild zum Leben erweckt wurde.
Outi Pieski aus dem finnischen Teil Sápmis integriert Rentierknochen und traditionelle Textilien in ihre Gemälde und erzählt so eine persönliche Geschichte mit magisch-mythischen Untertönen über die Giisavárri Berge.
Die Familie der Künstlerin Marja Helander ist in der Nähe von Pieskis Familie beheimatet: Beide Orte befinden sich unweit von Ohcejohka / Utsjoki im finnischen Teil Sápmis. Helander zeigt eine vor wenigen Jahren entstandene Serie von Fotografien, die mythische Kreaturen und hybride Wesen (beide von der Künstlerin selbst verkörpert) in einer vom Bergbau zerstörten Landschaft in Erscheinung treten lässt.
Drei Skulpturen von Máret Ánne Sara, die aus dem norwegischen Teil Sápmis stammt, sind aus organischem Material wie Rentierknochen, Leder und Gras gefertigt.
Die Gemälde von Anders Sunna, aus dem schwedischen Teil Sápmis, stellen unverhohlen politische Kommentare zu jahrzehntelangen Ungerechtigkeiten dar, die von Rentierherden lebende Familien erfahren haben.
Eine Serie Fotografien von Julie Edel Hardenberg thematisiert die Jagd auf Robben, eine jahrhundertalte Praxis in Kulaallit Nunaat, die nach wie vor ausgeübt wird, jedoch in den letzten Jahren kontroverse Debatten nach sich gezogen hat.
»Luondu Luonddus« will die prekär gewordene Beziehung zwischen Mensch und Natur aufzeigen. Viele Werke sind durchaus als künstlerische Abrechnungen mit einer kolonialen Vergangenheit und den damit verbundenen Konsequenzen für das Leben der indigenen Völker und für die Natur anzusehen. Die Werkauswahl vermittelt aber nicht nur politische Standpunkte, sondern auch ein Bewusstsein dafür, wie schwer sich die Trennlinie zwischen Mensch und Natur ziehen lässt. Die präsentierte Kunst macht uns einmal mehr deutlich, dass wir in einem fragilen Ökosystem leben. Was auch immer der Natur widerfährt, wird auch uns widerfahren.
Mit freundlicher Unterstützung des Nordischen Ministerrats.
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An art exhibition on the intimate yet existentially fraught relationship between human beings and nature.
Works by Sigurður Guðjónsson | Julie Edel Hardenberg | Marja Helander | Outi Pieski | Máret Ánne Sara | Anders Sunna
Curated by Irene Snarby and Christina Landbrecht
This year’s Nordic exhibition at Felleshus is a group show featuring works by six renowned artists from Iceland, Kalaallit Nunaat (Greenland), and the Swedish, Norwegian, and Finnish parts of Sápmi—a region which stretches across these three nations and into the Kola Peninsula in Russia. Spanning video, sculpture, painting, photography, and installation, the exhibition offers visitors insights into different artistic reflections from across the region as well as Indigenous perspectives. The show comments on various aspects of the intimate yet existentially fraught relationship between human beings and nature.
»Luondu« is a Sámi word with a complex meaning, denoting nature as well as personality. »Luonddus«, in turn, means »to be in nature.« The poetic alliteration »Luondu Luonddus« amplifies both and means »As part of nature, we are nature.« For Sámi people, as well as for Inuit from Kalaallit Nunaat and the inhabitants of Iceland, human beings and nature don’t just coexist, they are inextricably intertwined.
The selection of artworks, which includes several artists currently representing Nordic countries at the Venice Biennale, stimulates questions on how to develop a new understanding of our surroundings in the face of myriad global environmental threats.
The Icelandic artist Sigurður Guðjónsson invites us to zoom in on a fragment of carbon and discover matter on a microscopic level.
Outi Pieski, from the Finnish part of Sápmi, incorporates reindeer bones and traditional textiles into her paintings. In doing so, she tells a personal story about the Giisávárri mountain as told to her by her grandmother, with an undercurrent of magic and mythology.
The homeland of the ancestors of the artist Marja Helander lies in close proximity to that of Pieski’s family: both are located near Ohcejohka / Utsjoki in the Finnish part of Sápmi. Helander presents a recent series of photographs depicting mythical creatures and hybrid beings in landscapes destroyed by the mining industry.
Three sculptures by Máret Ánne Sara, who hails from the Norwegian part of Sápmi, include organic materials such as reindeer bones, leather, and grass.
The paintings by Anders Sunna, from the Swedish part of Sápmi, are in turn overtly political comments on decades-long injustices experienced by reindeer herding families.
Lastly, the works of Julie Edel Hardenberg focus on the hunting of seals, a centuries-old practice in Kalaallit Nunaat, which has provoked contentious debates in recent years.
»Luondu Luonddus« is a show which aims to discuss the precarious relationship between human beings and the natural world. It’s a reckoning with a colonial past and its continued impact on the lives of Indigenous communities and nature. It highlights the difficulty of drawing a line between the two and underscores the fact that we live in a fragile ecosystem. Whatever happens to nature will eventually happen to us.
Kindly supported by the Nordic Council of Ministers.
Ausstellungsmotiv: Marja Helander, The Secrets of Dusk 2, 2018–2020, Detail
Rahmenprogramm
Eröffnung
Artist Talk und Eröffnungskonzert
Do, 6. Oktober, 18 Uhr
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Workshop
Whose Nature?
Co-Creating Relationships between Humans and Nature through Arts and Sciences
Mi, 16. November, 14–18 Uhr
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Panel
Nordic Natures and the Politics of Science–Art–Activism
Mi, 16. November, 19 Uhr
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Vortrag
Liisa Ravna Finbog: »It Speaks to You«
Die Beziehung zwischen indigenen Gemeinschaften und Museen
Do, 17. November, 18 Uhr
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Workshop für Kinder und Jugendliche
Duodji-Workshop
Stellt eure eigene Ledertasche her – und erfahrt etwas über die samische Kultur!
Sa, 3. Dezember, 10–16 Uhr
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Finissage
Performance und Artist Talk
Mit Gáddjá Haarla Pieski, Biret Haarla Pieski und Hayden Dean sowie der Kuratorin Christina Landbrecht
Fr, 13. Januar, 18 Uhr
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