»Dat soll auch nicht jehen, dat soll fahren«
Norwegische Künstlerinnen im Berlin des 19. Jahrhunderts
Berlin als Ort der Moderne und Beschleunigung. Für zahlreiche norwegische Künstlerinnen übte Berlin im langen 19. Jahrhundert eine ganz besondere Anziehung aus. Musikerinnen, Schriftstellerinnen und bildende Künstlerinnen suchten diese Stadt als kreativen Fluchtpunkt und inspirierenden Ausbildungsort auf. Welche Rolle spielte das Ausland als Möglichkeitsraum? Wie erging es den Norwegerinnen in der preußischen Hauptstadt? Wie beeinflussten ihre Erfahrungen ihr kulturelles Handeln während ihrer späteren Laufbahn?
Expertinnen aus kunstbezogenen Forschungsgebieten wie vergleichende Literatur- und Kulturwissenschaft, Musikwissenschaft und Kunstgeschichte widmen sich diesen Fragen im Rahmen des Projekts »Dat soll auch nicht jehen, dat soll fahren – Norwegische Künstlerinnen in Berlin«. Im Scheinwerferlicht stehen die Schriftstellerin Camilla Collett, die Malerin Harriet Backer sowie die Komponistinnen Agathe Backer Grøndahl, Mon Schjelderup und Signe Lund.
Die Ergebnisse erscheinen gesammelt im gleichnamigen Buch und einer CD mit Werken norwegischer Komponistinnen. Buch und CD beinhalten außerdem Essays, Brieftexte, Handschriften, autobiographische Aufzeichnungen sowie Notenbeispiele der Künstlerinnen.
Das Projekt ist initiiert von der Henrik-Steffens-Professur am Nordeuropa-Institut der Humboldt Universität. Kooperationspartner sind u. a. das Musikkonservatorium an der UiT – Norges arktiske universitet, Åbo Akademi University und das Forschungszentrum Musik & Gender an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover. Die CD wird produziert von betont, dem Label der Universität der Künste Berlin.
Programm
Marit Lange spricht über Harriet Backer (1845-1932), eine der wichtigsten norwegischen Malerinnen, die vom französischen Realismus und der Naturmalerei der 1880er Jahre beinflusst war. Sie ist vor allem für ihre brillante Farbgebung und ihre Gemälde von Innenräumen bekannt geworden, die bis heute einen festen Platz in der norwegischen Kunstgeschichte haben. Mit dem in Frankreich Erlernten im Sinn bezeichnete sie ihren Stil als »Freiluftmalerei in Räumen«. Zwar besuchte sie ab 1860 zwei Jahre lang eine Schule für Künstlerinnen in Christiania (Oslo), hatte sich zu dem Zeitpunkt aber noch nicht für eine Künstlerlaufbahn entschieden. Erst bei einem Aufenthalt in Berlin 1866-67, wo sie zusammen mit ihrer Schwester Agathe, einer begabten Pianistin, lebte, nahm sie die Malerei ernsthaft auf. 1874 beschloss sie, hauptberuflich Künstlerin zu werden und zog nach München, wo sie bis 1878 lebte. Es folgten zehn Jahre in Paris, doch die Grundausbildung hatte – wie bei den meisten norwegischen Künstlern des 19. Jahrhunderts – in Deutschland stattgefunden. Diese Tatsache wird leicht vergessen, wenn der Einfluss Frankreichs betont wird.
Lilli Mitner referiert über norwegische Komponistinnen in Berlin: »Diesen Winter hat gewiss niemand von uns vergessen ... Studienreisen norwegischer Komponistinnen nach Berlin«.
Lena Haselmann leitet den zweiten Teil des Abends mit einer kurzen Konzerteinführung ein. Zusammen mit Prof. Heide Görtz von der Berliner Universität der Künste spielt sie Stücke norwegischer Komponistinnen. Der Pianist Lukas Kowalski spielt Agathe Backer Grøndahls Op. 11.
Abbildung: Harriet Backer, Kone som syr (1890) (Ausschnitt)
Vorträge auf Englisch und Deutsch
Eintritt frei