Maja Lunde und Neue Stimmen
Sechs Autorinnen und Autoren aus Norwegen
Norwegen ist Ehrengast der diesjährigen Frankfurter Buchmesse (Oktober). Als Vorschein auf die vielen neuen Übersetzungen und Veranstaltungen treten gleich sechs Autorinnen und Autoren im Felleshus auf: Neben dem Star Maja Lunde (ihre Bücher »Die Geschichte der Bienen« und »Die Geschichte des Wassers« avancierten zu internationalen Bestsellern) sind Bår Stenvik, Jan Kristoffer Dale, Maria Kjos Fonn, Marianne Kaurin und Tore Skeie dabei. Ein Abend voller Entdeckungen!
Maja Lunde (*1975) ist Autorin und Drehbuchautorin mit einem Masterabschluss in Medienwissenschaften von der Universität Oslo und seit einigen Jahren der große Star der norwegischen Literaturszene.
Sie hat zehn Bücher für Kinder und Jugendliche geschrieben, darunter »Battle« (Urachhaus, 2014). Ihr 2018 erschienenes Kinderbuch »Die Schneeschwester« (btb Verlag) ist einer der größten literarischen Erfolge Norwegens seit Jahrzehnten und wurde bereits vor der Veröffentlichung in Norwegen an Verlage auf der ganzen Welt verkauft.
Der Durchbruch gelang ihr allerdings mit ihren Romanen für Erwachsene. Ihr Roman »Die Geschichte der Bienen« (2015, btb Verlag) verkaufte sich in über 30 Länder und war im Jahr 2017 das meistverkaufte Buch in Deutschland. Nach »Die Geschichte der Bienen« und »Die Geschichte des Wassers« (2017) arbeitet die Autorin derzeit am dritten Band ihres »Klima-Quartetts«.
Maja Lunde wuchs in Oslo auf, wo sie auch heute noch mit ihrem Mann und ihren drei Kindern lebt. Ihr Interesse für Natur, Umwelt und das Meer zeigte sich schon früh. 1992 / 1993 segelte sie auf dem Schulschiff Christian Radich.
Das »Neue Stimmen«-Programm
Norwegen ist Gastland der Frankfurter Buchmesse 2019. Die Rekrutierung von neuen Autorinnen und Autoren und die internationale Verbreitung neuer literarischer Stimmen ist ein wichtiges Ziel dieser Initiative. NORLA hat deshalb in Zusammenarbeit mit u. a. Talent Norway und The Norwegian Publishers Association das Entwicklungsprogramm Neue Stimmen entworfen.
Dieses Programm soll Raum dafür schaffen, Teile des reichen literarischen Unterholzes sichtbar zu machen. Das Programm ist dabei aber nicht als Schreibschule gedacht; sondern die Idee ist vielmehr, dass ein Treffen mit einer ausländischen Leserschaft das Bewusstsein für die eigene Berufung der Teilnehmenden als Autor/in schärfen und neue Perspektiven eröffnen wird. Das Programm bietet Einblicke in die Arbeit von Übersetzern, vermittelt Medienschulungen und Kenntnisse über die internationalen Buchmärkte, Sprachpraxis, praktische Erfahrungen und internationale Kontakte. Das Programm richtet sich an Schriftsteller aller Genres, Belletristik, Sachbücher und Literatur für Kinder und junge Erwachsene. Die fünf Autoren, die Sie an diesem Abend im Felleshus treffen können, sind Teil des »Neue Stimmen«-Programms.
Tore Skeie (*1977) wird oft als Norwegens wichtigster junger Historiker bezeichnet und genießt eine breite Leserschaft. Seine Bücher über Alv Erlingsson, »Alv Erlingsson – The Story of a Nobleman’s Fall« (2009) und »Ingebjørg Håkonsdatter – The Virgin from Norway« (2012) sowie sein neuestes Werk »The Battle of the North« (2018) erhielten allesamt fantastische Kritiken.
In »The Battle of the North« nimmt Skeie den Leser mit auf eine eindrucksvolle Reise durch die Geschichte. Wir befinden im Jahr 1000 in der Nordseeregion. Gewöhnliche Menschen haben Schwierigkeiten unter den herrschenden harten Bedingungen zu überleben. Die Elite der Gesellschaft – Könige, Adlige, Grafen und Stammesführer – befassen sich hingegen nur mit einer Sache: dem Streben nach Macht. In einer Gesellschaft mit karger Infrastruktur und schwachen Institutionen, kann Macht nur mit einem Mittel erlangt werden: dem Einsatz von Gewalt. Um Männer zu Gewalttaten zu bewegen, braucht es Silber. Und um sie treu zu halten, noch mehr Silber.
Im Jahr 1000 ist Ethelred König der Angelsachsen. Er hat große häusliche Probleme – es brodelt in jeder Region seines kürzlich vereinten Königreichs - aber noch größere Probleme bedrohen ihn von außerhalb: Die Dänen, Wikinger aus Dänemark und Norwegen, plündern sein Land.
»The Battle of the North« ist die grundsolide historische Geschichte des echten »Game of Thrones«, des echten Spiels um den Thron. Hier finden sich manipulative Kriegsherren, Verbündete, die sich dem Feind anschließen, und riesige Geldmengen, die die Hände wechseln, während Brutalität und Zerstörung anhalten. Gleichzeitig verbreitet sich das Christentum und wird zu einem neuen Aspekt im Kampf um die Macht. Wer wird vor diesem Hintergrund den besten Schritt machen und wer wird erliegen, verschwinden im Vergessen der Geschichte?
Bår Stenvik (*1976) ist Journalist. Er studierte Englisch, Literatur- und Musikwissenschaften und schloss sein Studium an der New School for Social Research in New York mit einem Master in Liberal Studies ab. 2011 veröffentlichte Stenvik das Sachbuch »Dirt« – eine Reise durch Schmutz und schlechte Gerüche anhand historischer und kultureller Beispiele, das im Jahr 2012 mit dem Sachbuchpreis der Buchhändler ausgezeichnet wurde. 2014 folgte »Bluff«, in dem er über unsere Sehnsucht nach Authentizität und unsere Betrügereien in Werbung, Politik und Identitätskämpfen schreibt. Verkauft wurden die Rechte des Buches bereits nach Deutschland und Russland. »The Information« (2018) ist Stenviks erster Roman.
Sven hat Nora verlassen. Oder hat Nora Sven verlassen? Etwas lief schief zwischen den beiden – aber was? Sven sollte es wissen, arbeitet er doch als Experte für zwischenmenschliche Kommunikation für das Unternehmen Human Content. Er analysiert und berät Menschen in Bezug auf ihre Körpersprache und trainiert Fachleute. Sein Beziehungsbruch fällt mit einem mysteriösen neuen Projekt zusammen, in dem Sven die künstliche Intelligenz SAM, einen experimentellen digitalen Coach, emotionalen Ausdruck vermittelt. Doch wie zuverlässig ist eigentlich Svens Geschichte? Warum erlebt er Blackouts? Was will das Human Content eigentlich von ihm? Und was ist mit Nora passiert?
»The Information« ist eine Liebesgeschichte, in die eine Frau, ein Mann und ein Computerprogramm verwickelt sind. Eine Geschichte über den Versuch, eine bessere Version von sich selbst zu werden und eine spannende Erzählung darüber, wie es ist, im Informationszeitalter ein Mensch zu sein.
Jan Kristoffer Dale (*1984) hat in einer Brauerei gearbeitet und ist ehemaliger Student der Schreibkunstakademie in Bergen. Er hat bereits mehrere Kurzgeschichten veröffentlicht.
»Worker’s Hands« (2016) ist seine erste Sammlung, für die er im selben Jahr mit dem Tarjei Vesaas Debütpreis und 2017 mit dem Sørlandets Literaturpreis ausgezeichnet wurde. Dale arbeitet heute in einem Kindergarten und studiert Kindergartenpädagogik.
Die Kurzgeschichten in »Worker’s Hands« handeln von Menschen, die auf der Strecke geblieben sind. Die Schulabbrecher, die Ungelernten. Diejenigen, die nie von zu Hause weggekommen sind. Die nie jemanden gefunden haben, mit dem sie sich niederlassen konnten. Die Verlassenen. Die Kurzgeschichten finden alle in derselben Umgebung statt und thematisieren das Leben und die Arbeit gewöhnlicher Menschen. Alle haben mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen: Liebe, Ökonomie und sich selbst. Manche sind in Situationen gefangen, aus denen sie sich nicht retten können, während andere entscheiden müssen, wer sie sein und wie sie leben möchten.
Dales Kurzgeschichtensammlung erhielt fantastische Kritiken, nicht zuletzt deshalb, weil er über jenen Teil der Bevölkerung schreibt, der sonst in der Literaturlandschaft oft vergessen wird.
Maria Kjos Fonn (*1990) debütierte 2014 mit der viel gelobten Kurzgeschichtensammlung »I Have Never Told Anyone About This«. Sie war für den Tarjei Vesaas Debütantpreis nominiert und erhielt das Aschehoug Debütant-Stipendium für ihr erstes Buch. Sie lebt in Oslo und arbeitet als Journalistin.
2018 veröffentlichte sie den Roman »Kinderwhore«, für den sie für den Brage-Preis, den P2-Zuhörerpreis und den Natt & Dag-Literaturpreis nominiert wurde.
Charlottes Mutter ist immer zu Hause, wenn auch kaum anwesend. Die meiste Zeit schläft sie, stark medikamentös behandelt. Wenn sie nicht schläft, bringt sie für Charlotte neue Väter mit nach Hause. Einer von ihnen zeigt dem Mädchen ein Hauch von einem anderen Leben, einem besseren. Doch bald darauf schon, wird er von einem neuem Vater abgelöst.
Als Charlotte zwölf Jahre alt ist, passiert etwas, was sie unmöglich aufnehmen oder verarbeiten kann. Sie beginnt sich der Pillen ihrer Mutter zu bedienen, glücklich darüber, zu erfahren, dass es Möglichkeiten gibt, die eigenen Gefühle abzuschalten. Sie schafft eine Trennung zwischen Körper und Geist, wodurch es ihr gelingt, verschiedene sexuelle Rollen, wie die der passiven Puppe oder die der proaktiven Maschine zu übernehmen. Eine raue, kraftvolle und wichtige Herausgabe über Sexualität, Übergriffe und Überleben.
Marianne Kaurin (*1974) arbeitet als Lektorin für Kinder- und Jugendliteratur und hat am Norwegischen Institut für Kinderbücher Kreatives Schreiben und Literaturwissenschaften studiert. Ihr Debütroman »Almost Autumn« wurde 2012 mit dem ersten Buchpreis des Ministeriums für Kultur und dem Uprisen, einem norwegischen Jugendbuchpreis, bei dem junge Erwachsene den Gewinner wählen, ausgezeichnet. Der Roman handelt von einem jüdischen Mädchen in Oslo während des Zweiten Weltkriegs. Auch die späteren Kinderbücher »Deres Majestet« (2016) über die erste ergreifende Liebe und »Blue Lagoon Deluxe« (2018) wurden überaus positiv aufgenommen.
In »Blue Lagoon Deluxe« geht es um Ina, die noch keine Pläne für den Sommer hat. Doch plötzlich hört sie sich vor der ganzen Klasse lügen und erzählen, dass sie drei Wochen lang am Mittelmeer verbringen wird. Noch ohne zu wissen, warum sie lügt, ist die Lüge bereits gewachsen. Das einzige Problem ist, dass der neue Junge in der Schule in Inas Nachbarschaft gezogen ist und er schnell herausfinden wird, dass Ina überhaupt nicht verreist ist. Vielleicht ist der beste Sommerurlaub der, von dem man dachte, er würde der schlimmste werden?
Fotos: Maja Lunde (Foto: Oda Berby), Tore Skeie (Foto: Paw Wegner Gissel), Marianne Kaurin (Foto: Aschehoug forlag), Jan Kristoffer Dale (Foto: Kjersti Sletteskog), Maria Kjos Fonn (Foto: Tine Poppe) und Bår Stenvik (Foto: Lars Petter Pettersen)
Bitte beachten Sie: Leider mussten Maja Lunde und Jan Kristoffer Dale kurzfristig absagen. Die Veranstaltung wird mit vier Autorinnen und Autoren stattfinden.
Im Anschluss lädt die Kgl. Norwegische Botschaft auf Gegrilltes und Getränke auf der Terrasse ein.
Eintritt frei, Anmeldung über Eventbrite